#metoo – stärker denn je oder Verschwinden in der Banalität?
Der Fall Aziz Ansari spaltet die #metoo Bewegung. Doch eins nach dem anderen, worum geht es eigentlich?
Vorgeschichte
„Me too“, auf deutsch „ich auch“, ist DER Hashtag über den sich Frauen weltweit auf Twitter, Facebook und anderen sozialen Medien vernetzen und sich gegenseitig bei der Bewältigung ihrer sexuellen Missbrauchserfahrungen unterstützen. Der Hashtag geht ursprünglich auf die Aktivistin Tarana Burke zurück, die sich 2006 für die Bestärkung durch Empathie unter afroamerikanischen Frauen, die Erfahrungen mit sexuellem Missbrauch gemacht hatten, eingesetzt hatte. 2017 wurde er dann durch die Schauspielerin Alyssa Milano populär.
Sie ermutigte Frauen dazu den Tag in ihren Tweets zu verwenden, um auf das Ausmaß der sexuellen Belästigung und sexueller Übergriffe aufmerksam zu machen. Milano reagierte damit auf den sogenannten Weinstein-Skandal. Der Filmproduzent Harvey Weinstein wurde dabei lawinenartig von vielen Frauen der sexuellen Belästigung, Nötigung oder der Vergewaltigung beschuldigt.
Am 15. Oktober 2017, als Milano den ersten Tweet mit dem Hashtag #metoo absetzte, wurde dieser mehr als 200.000 mal auf Twitter verwendet; am Folgetag waren es sogar schon über eine halbe Millionen Tweets. Auch auf Facebook verwendeten innerhalb der ersten 24 Stunden 4,7 Millionen Benutzer, in über zwölf Millionen Postings, dieses Hashtag.
Eine Lawine von Beschuldigungen ergoss sich ins Netz: Viele Frauen die sich bisher nicht an die Öffentlichkeit gewagt hatten teilten nun einer wachsenden Zuhörerschaft ihre Erlebnisse mit. Sie erhielten viel Zuspruch und Lob dafür, dass sie es wagten Stellung zu beziehen, gegen die mächtigen Player, besonders des Showbiz.
Fall Ansari
Zurück in den Januar: Aziz Ansari, ein US amerikanischer Comedian wurde von einer 23-Jährigen beschuldigt. Sie habe sich von ihm „missbraucht gefühlt“.
Doch genau dieses „gefühlt“ spaltet nun die Geister.
Der Hergang liest sich so: Die 23-Jährige habe Ansari auf einer Party kennen gelernt, wenig später trafen sich die beide für ein Date. Dort habe sich Ansari übergriffig verhalten, jegliche Ablehnung ignoriert und sie immer wieder in Richtung Sex gedrängt. Nachdem sie ein deutliches „Nein“ ausgesprochen hatte, ließ er dann jedoch sofort von ihr ab. Nachdem die junge Frau ihn später darüber unterrichtet hätte, dass sie sich „missbraucht“ gefühlt habe, hätte Ansari sie per SMS um Entschuldigung gebeten.
Kritik
Ein typischer „metoo“ Fall? Ein männlicher Prominenter, der sich über den Willen einer Frau hinwegsetzt und sexuell übergriffig wird. Doch selbst von feministischer Seite regt sich Kritik an den Vorwürfen.
In der New York Times schreibt die Journalistin Bari Weiss: „Aziz Ansari ist schuldig – aber nur dessen, keine Gedanken lesen zu können.“ Ansari hätte außerdem zu keiner Zeit Macht über die 23-Jährige gehabt. Ihn nun auf eine Stufe mit „wirklichen“ Vergewaltigern zu stellen, die häufig auch über die berufliche Zukunft ihrer Opfer entschieden, banalisiere die „metoo“ Bewegung. Auch sie als erklärte Feministin verstünde, wie Ansari die „nonverbalen Hinweise“ seines Dates habe missverstehen können.
In der Talkshow Maischberger sagte Sophia Thomalla
„Ich finde, dass die Kampagne eine Beleidigung für die wahren Vergewaltigungsopfer ist“.
Auch die ARD-Journalistin Astrid Frohloff äußerte in der gleichen Sendung, eine Vermengung von Missbrauch, Vergewaltigung und Anmache durch #metoo sei gefährlich.
Diese Beschreibung des Fall Ansari sowie weitere ähnliche Beschreibungen, bei denen es nicht direkt zu sexuellen Handlungen kam, spalten die Gemeinschaft.
Die Beschuldigten seien auf eine Stufe mit sexuellen Aggressoren gestellt worden, ohne dass diese antworten oder sich verteidigen zu können, schreiben rund 100 Intellektuelle, Künstlerinnen und Journalistinnen an die französische Tageszeitung Le Monde.
Frauen einerseits bestärken, ihre Peiniger anzuzeigen – aber gleichzeitig nicht Tor und Tür für möglicherweise haltlose oder übertriebene Beschuldigungen öffnen. Wird das gelingen?
Fazit
Wichtig sei es, nicht den Gegnern der Emanzipation in die Hände zu spielen, schreiben die französischen Aktivistinnen weiter. Zwar sei es legitim, die Formen sexueller Gewalt gegenüber Frauen zu vergegenwärtigen, eine beharrliche oder ungeschickte Anmache sei jedoch kein Vergehen – schließlich gäbe es
keine sexuelle Freiheit ohne die „Freiheit, jemandem lästig zu werden“.