„Erfahrung sammelt man, indem man Fehler macht“

Scheitern ist ein Thema, das wir Deutschen generell eher ungern thematisieren, nicht so aber wir vom CampusMagazin auf HORADS 88,6. 
Unsere Sendung am Dienstag den 17.01.2017 stand komplett unter dem Motto #fail. 
Theresa Ruther hat sich mit einem Essay  der Frage angenommen, ob Scheitern nicht sogar förderlich für unsere Gesellschaft ist und ob wir uns in dieser Hinsicht nicht etwas mehr an unseren amerikanischen Freunden orientieren sollten:

„Fehler vermeidet man, indem man Erfahrung sammelt. Erfahrung sammelt man, indem man Fehler macht“. Ein Zitat von Laurence J. Peter, einem kanadisch-amerikanischem Professor, der das Wesentliche beim Namen nennt. „Scheitern“, ein angestrebtes Ziel oder ähnliches nicht erreichen, keinen Erfolg haben, misslingen, missglücken, fehlschlagen. Das sind die Worte, die uns Deutschen automatisch einfallen, wenn Wir an „scheitern“ denken.

„Die Mentalität des Scheiterns ist ein Nischenkonzept“, kritisiert der FDP Bundesvorsitzende Christian Lindner. Er muss es ja wissen. Doch er hat Recht. Die Angst vor dem Scheitern ist so weit verbreitet, dass sie jeden Zweiten davon abhält überhaupt seine Idee in ein Unternehmenskonzept umzusetzen. Diese Angst kommt nicht von ungefähr. Laut dem Gründungsmonitor der KfW, der Kreditanstalt für Wiederaufbau, scheitert in Deutschland jedes dritte Gründungsprojekt innerhalb der ersten drei Jahre. Und trotzdem, nicht auszudenken wie viele gute Ideen und mögliche Arbeitsplätze allein wegen dieser Angst und der fehlenden gesellschaftlichen Akzeptanz für Fehler auf der Strecke bleiben.

„Wer scheitert verliert sein Gesicht, wird sozial isoliert und bekommt mitunter nicht mal mehr ein Bankkonto“, sagte Attila von Unruh 2012 in einem Interview mit der Wirtschaftswoche. Als er im Jahr 2005 Privatinsolvenz anmelden musste, gründete er daraufhin den „Gesprächskreis der Anonymen Insolvenzler“, der heute in mehreren deutschen Städten zu finden ist. Mit seinem Engagement als Gründerberater und Initiator der Gesprächskreise will er anderen Unternehmern helfen und dazu beitragen, dass hierzulande konstruktiver mit Krisen umgegangen wird. Und er ist nicht allein. Mittlerweile gibt es mehrere Veranstaltungen auch im Raum Stuttgart, die sich speziell dem Thema „Scheitern“ annehmen. Sie bieten eine Plattform zum Austausch und ermöglichen Start-Up Gründern, gemeinsam aus Fehlern zu lernen. Ein Beispiel hierfür sind die sogenannten „FuckUp Nights“, die dazu beitragen wollen, eine „Kultur der zweiten Chance“ zu etablieren. Sie bieten Gründern eine Bühne, um ihre Fehler mitzuteilen, damit andere im besten Fall sogar davor bewahrt werden können. Bei einem „Failpitch“ kann jeder seine Irrtümer vortragen – und erzählen, was er daraus gelernt hat.

Dieses Konzept kommt, wer hätte es gedacht, aus dem Land der scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten, auch was zweite, dritte und vierte Chancen angeht. Scheitern ist in Mode. Besonders da, wo Milliarden umgesetzt werden: im Silicon Valley. Auf sogenannten „Failure Partys“ feiern Gründer ihre Misserfolge regelrecht. Scheitern und Party? In Deutschland undenkbar! Wie sehr die Fehlerkultur in der US-Geschäftswelt akzeptiert ist, beweist auch eine Serie, die regelmäßig im „Forbes“-Magazin erscheint. Darin beschreiben Top-Manager fast schon ein bisschen stolz ihre größten Fehlentscheidungen. Prominente Beispiele gibt es daher zuhauf. Die „New Coke“ – eine umstrittene Idee der Marketingabteilung von Coca-Cola, die die Marke revolutionieren sollte, entwickelte sich zum Flop der Saison. Für jedes andere Unternehmen eine riesige Pleite, doch nicht für Coca-Cola. Statt die verantwortlichen Manager rauszuschmeißen, untersuchte die Firma die Fehler, die beim Marketing des neuen Produkts gemacht wurden. Aus dem Flop heraus entwickelte Coca-Cola das Prinzip der „One-Branding“ Strategie, die statt sich auf mehrere Markenkampagnen zu konzentrieren, das Produkt und die Marke in einer Kampagne in den Mittelpunkt stellt. Vereint steht seitdem die Markenfamilie für die weltweite Nummer 1 der Getränkemarken.

Die Amerikaner haben es demnach leichter, ihrem Chef gegenüber Fehler einzugestehen und schließlich kann nur das Zugeben von Fehlern dazu führen, dass die Unternehmen daraus lernen.

Campusmagazin Hochschule der Medien

Auch in unserem Studenten-Alltag schwingt die Angst zu Scheitern stark mit. Doch haben wir nicht gerade jetzt die Chance uns auszuprobieren? Was verlieren wir, wenn wir mit einer in unseren Augen guten Idee zu unseren Professoren kommen und sagen, dass wir diese gerne pitchen würden, da sich das Konzept möglicherweise ausbauen lässt. Nun pessimistisch gesehen könnte der Prof. entgegnen, dass die Idee wohl doch nicht so gut ist, wie gedacht. Tja,  dann ist das eben so. Aber meine Existenz ist deshalb nicht gefährdet und ich kann mir immer noch das Bier in meiner Lieblingskneipe leisten. Realistisch gesehen stößt die Idee gegebenenfalls sogar auf Annahme und wird dank der Unterstützung erfahrener Leute und der eigenen Vision ein Erfolg. Da der optimistische Fall jetzt noch nicht einmal aufgeführt wurde, erscheint mir zumindest die Hochschule ein idealer Ort zu sein, etwas Mut zu beweisen und sich auch an etwas abgefahrenen Ideen zu versuchen, da man im Fall der Fälle, wohl nie wieder so weich fallen wird.

„Scheitern allein ist nicht das Ziel, aber wir brauchen eine Kultur der 2., 3., 4., notfalls 5. Chance weil gerade diejenigen, die wissen wie es nicht geht, auch diejenigen sind, die wissen worauf es ankommt, damit es geht“, meint Christian Lindner am Ende seines Vortrags auf einer „FuckUp Night“-Veranstaltung. Und er geht noch einen Schritt weiter: „Wie wäre es, wenn wir auf Erfolg statt mit Neid mit Anerkennung reagieren würden und auf Scheitern, statt mit Spott und Häme, mit Respekt. Beides braucht schließlich unsere Gesellschaft um weiter voran zu kommen“.

Autorin: Theresa Ruther

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